Nachhaltige Entwicklung bei den Kindern und Jugendlichen erzielen

Die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen ist intensiv und setzt enge persönliche Beziehungen voraus (vgl. Heiner 2012: 615f.). Die Praxisgruppe beschreibt ihre Arbeit als vielfältig. Sie erleben hautnah die Lebensphasen sowie Lebenswelten der Klientel mit und wachsen zusammen mit ihnen. Teilweise, wenn bisherige Wege nicht zielführend sind, ist auch experimentelles Handeln erforderlich, um neue Lösungen zu finden. Sie sehen in ihrer Arbeit viel Verantwortung und Sinn, weshalb sie sich stark für ihre Klientel einsetzen (vgl. Praxisgruppe 2023). Gleichzeitig sind Sozialpädagog*innen einer Reihe von Belastungen wie Gewalt, Hilflosigkeit, Stress (vgl. Rövekamp-Wattendorf 2020: 13), aber auch Angriffen auf sensible Punkte der eigenen Persönlichkeit ausgesetzt (vgl. Praxisgruppe 2023). Dennoch erhalten diese Faktoren für die Sozialpädagog*innen keinen dominierenden Stellenwert, da sie die Erfahrung machen, dass sie mit dem Team und der Leitung im Rücken gut damit umgehen können. Die Sozialpädagog*innen nehmen sich selbstwirksam war, wenn sie die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen sehen und Alltagsmomente mit ihnen zu erleben sind für sie Energiequellen. Auch nehmen sie Wertschätzung der Klientel wahr. Dennoch beschäftigen sie die Fragen: Werde ich den Kindern und Jugendlichen gerecht? Wie nachhaltig ist meine Arbeit? (vgl. ebd.)

Zeit für die Kinder und Jugendlichen

Sozialpädagog*innen möchten den Kindern und Jugendlichen eine verlässliche, persönliche Beziehung bieten können (vgl. YOUVITA 2022: 3). Dafür braucht es jedoch Zeit. Die Praxisgruppe beschreibt, dass sie die persönlichen Interaktionen in der Einzel- und Gruppenbetreuung sehr schätzen. Auch die Bezugspersonenarbeit wird als wertvoll betrachtet. Wenn sie hingegen ihren eigenen Ansprüchen an die Beziehungsgestaltung mit den Kindern und Jugendlichen nicht genügen, ist dies für sie unbefriedigend. Dies kommt z.B. vor, wenn ihre Arbeitszeit nicht reicht, um die geforderten Aufgaben zu erfüllen und der Betreuungsalltag durch Personalmangel davon geprägt ist, ‘Feuer’ zu löschen. Auch braucht es Zeitfenster ausserhalb der Betreuungsarbeit, um die entsprechenden Aufgaben erledigen zu können, wie Administration, Vernetzung und Elternzusammenarbeit (vgl. Praxisgruppe 2023).

Pioniergeist

Die sozialen Probleme der Kinder und Jugendlichen verändern sich. So wird von der Praxisgruppe z.B. wahrgenommen, dass die Diagnosen der Klientel komplexer geworden sind (vgl. ebd.). Dadurch, dass der Bedarf der Kinder und Jugendlichen individuell ist und sich auch mit der Zeit verändert, wird eine ständige Weiterentwicklung des Hilfesystems gefordert. Einerseits nehmen es Sozialpädagog*innen als entlastend wahr, wenn sie ihr Wissen erweitern oder Fachexpert*innen hinzuziehen können, um neuen Themen gerecht zu werden. Andererseits braucht es Veränderungen des Angebots. So wird es z.B. sehr positiv gewertet, dass die Zusammenarbeit mit dem Klient*innensystem an Wichtigkeit gewonnen hat (vgl. ebd.). Wenn sich die Arbeit am Hilfebedarf orientiert (vgl. Mohr 2017: 233), wirkt sich dies auch unterstützend auf die Mitarbeitendenbindung zur Organisation aus (vgl. ebd.: 245).

Pädagogische Haltung

Die pädagogische Haltung bildet die Grundlage für das Handeln. Folgende Punkte wurden von der Praxisgruppe besonders betont:

  • Echte Partizipation und Individualität, gemeinsam mit der Klientel weiterkommen
  • Wertschätzung (auf Augenhöhe)
  • Ressourcenorientierung, das Positive sehen
  • Sicherheit (Vertrauen, Kontinuum der Betreuung)
  • Authentizität

Basierend auf der pädagogischen Grundhaltung ist es für die Praxisgruppe wichtig, dass sie im Hinblick auf die Vielfältigkeit des Berufsalltags Entscheidungskompetenzen besitzen, um situativ und individuell handeln zu können (vgl. Praxisgruppe 2023).

Selbstreflexion der Mitarbeitenden

  • Kann ich mit den bestehenden Zeitressourcen verlässliche Beziehungen zu den Kindern und Jugendlichen aufbauen?
  • Reicht meine Arbeitszeit, um meine Aufgaben in der Organisation zu bearbeiten?
  • Bespreche ich die pädagogische Grundhaltung mit Mitarbeitenden?
  • Kann ich basierend auf unserer pädagogischen Haltung im Alltag eigene Entscheidungen treffen?

Organisationsreflexion der Leitungen

  • Wie viel Zeit wird für die direkte Betreuung zur Verfügung gestellt?
  • Welchen Zeitfenster können für administrative Aufgaben, den Austausch auf Erwachsenenebene und die Vernetzung genutzt werden?
  • Gibt es Klient*innen, bei denen wir mit unserem bisherigen Wissen und Angebot nicht weiterkommen?
  • Welche pädagogische Haltung vertreten wir als Organisation?

Es kann zwischen Sofortmassnahmen, die heute eingeführt werden, sowie langfristigen Massnahmen, die über längere Zeit implementiert werden, unterschieden werden.

  • Die Vielfalt der Fachpersonen in der Organisation werden genutzt, z.B. indem gemeinsam Fallbesprechungen geführt werden.
  • In Situationen, in denen die Fachkompetenz der Organisation überschritten wird, werden Fachexpert*innen beigezogen.
  • In einer internen Umfrage wird ergründet, inwiefern die Mitarbeitenden sowie Kinder und Jugendliche einschätzen, dass das bestehende Angebot dem Bedarf der Klientel gerecht wird (Inhalt, Zeit, etc.).
  • Bei der Dienstplanung werden Zeiten für die Administration, den Kontakt zum Klient*innensystem und weiteren Aufgaben ausserhalb des Alltags eingerechnet, damit diese Themen nicht parallel zur Betreuung der Kinder und Jugendlichen bearbeitet werden müssen (d.h. ein Teil des Pensums wird fix oder von den Sozialpädagog*innen eigenverantwortlich ausserhalb der Betreuung eingeplant).
  • Die Fachexpertise wird durch gezielte Weiterbildungen ausgebaut.
  • Es werden neue, dem Bedarf angepasste Angebote geschaffen.
  • Die Organisation fördert politisches Engagement der Leitung und der Mitarbeitenden, um sich für mehr finanzielle Mittel im Kinder- und Jugendbereich einzusetzen.
  • Teamübergreifende Austauschgefässe werden gegründet (Visionen austauschen, pädagogische Haltung herausarbeiten, politisches Engagement).

Nachhaltige Entwicklung bei den Kindern und Jugendlichen erzielen