Persönlichkeits-merkmale und Werte der Sozialpädagog*innen im Berufsalltag einsetzen

Im Rahmen des Projekts sind mit der persönlichen Mentalität die Denkweise, Überzeugungen und Einstellungen gemeint, welche eine Fachkraft besitzt. Sie prägt die Art und Weise, wie eine Person die Welt wahrnimmt, mit Herausforderungen umgeht und ihre Ziele verfolgt. Die Mentalität kann im Laufe der Zeit geformt und verändert werden, indem z.B. bewusst an der Entwicklung einer positiven Denkweise gearbeitet und sich von negativen Gedankenmustern befreit wird. Eine starke und resiliente Mentalität kann dazu beitragen, dass eine Person persönliche, aber auch organisational gesetzte Ziele erreichen und ein erfülltes und erfolgreiches (Berufs-)Leben führen kann.

Berufskodex

In der Sozialen Arbeit treffen viele Menschen und damit unterschiedliche Mentalitäten aufeinander. Innerhalb der unterschiedlichen Verpflichtungen und vor dem Hintergrund komplexer Problemstellungen bildet der Berufskodex die Grundlage, um sich nach dem Professionsverständnis der Sozialen Arbeit auszurichten. Sozialpädagog*innen reflektieren ihr Handeln in Bezug auf ihre moralischen Kriterien und den professionellen Grundsätzen (vgl. AvenirSocial 2010: 10). Dies verdeutlicht, wie wichtig es ist, dass sich die persönlichen Werte mit den Professionswerten vereinbaren lassen, um in der Sozialen Arbeit zu agieren. Weiter braucht es in den Organisationen die Auseinandersetzung über die Ethik in Sozialer Arbeit (vgl. ebd.: 12).

Optimismus

Die Praxisgruppe betonte, dass Optimismus, Flexibilität, Freude, Neugierde, Gelassenheit und ein ausgeprägter Sinn für Humor im Berufsalltag wichtig sind und gefördert werden sollen (vgl. Praxisgruppe 2023). Diese Eigenschaften ermöglichen es den Fachkräften, den Herausforderungen des Arbeitsalltags mit einer positiven Einstellung und einem offenen Geist zu begegnen. Optimismus stellt eine persönliche Eigenschaft dar und zeigt zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten auf. Dies dient auch dem Resilienzmanagement und der Burnout-Prophylaxe (vgl. Meissner 2018: 29–33).

Werteverständnis und Menschenbild

Das Menschenbild in der Kinder- und Jugendhilfe basiert auf der Annahme, dass alle Menschen über die Fähigkeiten verfügen, Herausforderungen zu bewältigen und mit den Widrigkeiten des Lebens umzugehen (vgl. Zander 2009: 180). In den Workshops sprachen die Fachkräfte über ihr starkes Werteverständnis, das auf Respekt, Empathie, Gerechtigkeit und Verantwortung basiert. Sie sehen Kinder und Jugendliche als individuelle Persönlichkeiten mit eigenen Fähigkeiten und Potenzialen, die sie unterstützen und ermutigen, ihre Selbstwirksamkeit zu entwickeln (vgl. Praxisgruppe 2023). In dieser Mentalität liegt damit eine wertvolle Ressource für eine ressourcenorientierte, individuelle und ermächtigende Unterstützung der Kinder und Jugendlichen. Entscheidend ist hierbei auch, inwiefern die Werte der Organisation mit den Werten der Sozialpädagog*innen zusammenpassen (vgl. ebd.). Ist eine grosse Übereinstimmung vorhanden, sind sie zu einem besonders hohen Engagement bereit (vgl. Mohr 2017: 263).

Intrinsische Motivation

Im Vergleich zu früheren Generationen, in denen besonderes Engagement in der Erwerbsarbeit einen hohen Stellenwert hatte, haben sich die Einstellungen gewandelt und das Streben nach verantwortungsvoller Arbeit hat sich verringert. Für die Soziale Arbeit kann dies v.a. dann ein Problem darstellen, wenn Organisationen mit dem freiwilligen Engagement der Mitarbeitenden kalkulieren (vgl. Weber/Kehl 2022: 9). Dennoch ist die Arbeit am und für den Menschen für viele immer noch von grosser Bedeutung (vgl. OBS EHB 2018: 7). Die Sozialpädagog*innen der Praxisgruppe sind engagiert und motiviert, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln, ihre eigene Komfortzone zu verlassen und ihre professionellen Fähigkeiten zu verbessern. Dabei tragen sie eine intrinsische Motivation in sich, da sie aus eigenem Antrieb und Interesse an der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen tätig sind (vgl. Praxisgruppe 2023). Einerseits deutet dies daraufhin, dass in der Sozialpädagogik das Engagement höher gewichtet wird als in anderen Erwerbsarbeiten. Andererseits stellt die Kombination aus intrinsischer Motivation, Optimismus und dem Glauben an die Fähigkeiten der Menschen die mentale Grundlage für die Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe dar, um ihre anspruchsvolle und bedeutsame Arbeit zu bewältigen. Das Erwirken eines positiven Einflusses auf das Leben der ihnen anvertrauten jungen Menschen geht damit einher. Damit wird deutlich, dass die Mentalität der Fachkräfte als fundamentaler Baustein der stationären Kinder- und Jugendhilfe zu betrachten ist.

Die Mentalität bewusst einsetzen

Durch Selbstreflexion und das Wissen über sich selbst sowie die eigene Biographie können die Mitarbeitenden ihre persönlichen Merkmale und Stärken erkennen und einbringen. Indem eigene und Organisationswerte anhand des Berufskodexes reflektiert werden, kann die Professionalität in der Sozialpädagogik gewahrt werden. Dafür braucht es jedoch vorgesehene Gefässe. Die Organisation kann durch Teamreflexionen und den Austausch von Feedback dazu beitragen, dass die individuelle sowie Organisationsmentalität durch Mitarbeitende besser verstanden eingesetzt und professionsethisch geprüft wird.

Selbstreflexion der Mitarbeitenden

  • Welche Arbeitssituationen füllen mich mit Leichtigkeit und Optimismus? Welche fühlen sich eher belastend an?
  • Welche Persönlichkeitsmerkmale und persönlichen Werte setze ich im Berufsalltag ein?
  • Wie lassen sich meine Werte mit den professionsethischen Werten und den Organisationswerten vereinbaren?
  • Wie gross ist die Differenz zwischen meinem Empfinden im Vergleich zu dem formellen und informellen Feedback, welches ich erhalte (Selbsteinschätzung und Fremdeinschätzung)? Hole ich mir Feedback aktiv ein?
  • Sind für mich andere Perspektiven nachvollziehbar? Frage ich nach, falls nicht?
  • Wo werden meine Werte bedroht? Wo kann ich meine Werte aktiv verfolgen?

Organisationsreflexion der Leitungen

  • Welche Gefässe haben Mitarbeitende, um ihre eigenen Werte gemeinsam zu diskutieren?
  • Wo fallen Differenzen zwischen persönlichen, professionsethischen und Werten der Organisation auf? Wie werden diese bearbeitet?

Selbstreflexion der Mitarbeitenden

  • Welche Werte erkenne ich in der pädagogischen Haltung meiner Organisation?
  • Wie würde ich meine pädagogische Haltung in drei Sätzen erklären?
  • Inwiefern passt die pädagogische Haltung der Organisation zu meiner persönlichen?
  • Begründe ich meine Meinung?
  • Wo interpretiere ich Situationen anders als meine Mitarbeitenden?
  • Welche Formen von Wertschätzung erfahre ich innerhalb meiner Organisation? Welche Formen von Wertschätzung gebe ich weiter?
  • Kann ich in meiner Organisation mitgestalten? Wo würde ich dies gerne tun?

Organisationsreflexion der Leitungen

  • Welche Gefässe nutzen die Mitarbeitenden, um ihre pädagogische Haltung gemeinsam weiterzuentwickeln?
  • Wie werden Mitarbeitende der Organisation wertgeschätzt?
  • Welche Mitgestaltungsmöglichkeiten erhalten Mitarbeitende?
  • Die Expertise von Mitarbeitenden vorgängig aktiv eingeholen, wenn Veränderungen gestaltet werden.
  • Angedachte Veränderungen oder Pläne frühzeitig transparent kommunizieren.
  • Erbrachte Leistungen von Mitarbeitenden bewusst machen und honorieren.
  • Aktiv Feedbacks einholen und nach Meinungen fragen.
  • Bei der nächsten Teamsitzung herausfordernde Situation thematisieren.
  • Abklären, wer mehr oder weniger Verantwortung. tragen möchte.
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  • Es wird genug Zeit für Veränderungen/neue Konzepte eingerechnet (keine Schnellschüsse, damit sich die Mitarbeitenden entsprechend Gedanken machen und sich einbringen/darauf einstellen können)
  • Erstellung eines Verdankungsressorts, welches für Geburtstags- und Jubiläumsgratulationen zuständig ist.
  • Einführung eines Entscheidungssystems, welches Partizipation erhöht und Hierarchie verflachen lässt (z.B. Soziokratie).
  • Standardisierung von Mitarbeitendenführung um die Gleichbehandlung zu gewährleisten (vgl. AvenirSocial 2023: 15).
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AvenirSocial, Spannungen entladen durch Standardisierung von Mitarbeitendenführung: https://avenirsocial.ch/wp-content/uploads/2023/06/8.-Standardisierung-der-MA_Fu%CC%88hrung.pdf

Persönlichkeitsmerkmale und Werte der Sozialpädagog*innen im Berufsalltag einsetzen