Teamkultur aktiv gestalten

In der Praxisgruppe erhält das Team eine zentrale Position. Es entscheidet massgeblich über den Verbleib in einer Organisation und prägt die tägliche Arbeit sehr. Die Beziehungen im Team werden als Fundament beschrieben und Konstanz im Team als wertvolles Gut (vgl. Praxisgruppe 2023).

Team als Kraftquelle

Die Praxisgruppe beschreibt folgende wichtige Eigenschaften eines Teams als Ressource: Humor, Kompromissbereitschaft, Konstruktivität, Wertschätzung, Transparenz, gegenseitige Unterstützung und Fürsorge, Zusammenhalt (auch durch gemeinsame Belastungserfahrungen), eine gemeinsame Identität, Vision sowie Haltung, die individuellen Ressourcen und Diversität (vgl. ebd.). Ein gutes Klima in der Zusammenarbeit ist in der Sozialpädagogik sehr wichtig. Es ermöglicht professionelle Arbeit (vgl. Mohr 2017: 233), erhöht die Mitarbeitendenbindung, lindert die emotionale Belastung der Mitarbeitenden und fördert die Motivation, Professionalität (vgl. ebd.: 239) und das Arbeitsklima (vgl. OBS EHB 2018: 4). Das Team soll eine Kraftquelle sein, in der Vertrauen gelebt wird, Mitarbeitende sich angenommen fühlen und sie Konflikte ansprechen und austragen können (vgl. Weiß 2013: 237f.). Zudem soll es den Sozialpädagog*innen möglich sein, «sich gegenseitig Erfahrungs- und Theoriewissen zur Verfügung zu stellen, Hoffnung, Solidarität, Verständnis- und Lernhilfen wie auch Ermutigung und Zuversicht zu vermitteln.» (Winkens 2020: 78)

Ein Stolperstein sind hier die erfahrenen Belastungen im sozialpädagogischen Alltag, welche im Team zu Feindseligkeit führen können (vgl. Maroon 2008: 5). Insbesondere bei der Arbeit mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen besteht die Gefahr, dass ein Team in «gut» und «böse» gespalten wird. Es braucht zwingend Reflexion, um die unterschiedlichen Anliegen zu erkennen und fachlich zu handeln (vgl. Weiß 2013: 219). Auch die Zusammenarbeit von Fachkräften und Quereinsteigenden sowie Praktikant*innen unterschiedlicher Qualifikationsstufen kann konfliktbehaftet sein, wenn sie unzureichend geregelt ist (vgl. OBS EHB 2018: 5). Dies verdeutlich, dass ein Team nur als Kraftquelle empfunden werden kann, wenn in die Teamentwicklung investiert wird.

Betreuungsschlüssel und Fachquote

Die eingesetzten Stellenprozente und Fachquote als Verhältnis der im Sozialen Sektor ausgebildeten zu nichtausgebildeten Personen ist entscheidend. Das eingesetzte Personal soll auf die anwesenden Kinder sowie die anstehenden Aufgaben abgestimmt und im Konzept nachvollziehbar dargelegt sein (vgl. YOUVITA 2022: 5). Die Praxisgruppe erklärt, dass sie auch mitentscheiden möchten, ob Bewerber*innen eingestellt werden. Die intensive Zusammenarbeit, die in sozialpädagogischen Teams gefordert wird, legt das Mitspracherecht der Teammitglieder nahe. Hierzu gehört für sie auch das Feedback der Kinder und Jugendlichen. Denn wenn eine Person nicht ins Team passt, ist dies auch bei knapper Stellenbelegung eher eine zusätzliche Belastung als Entlastung (vgl. Praxisgruppe 2023).

Diskussionskultur

Das Team stellt eine wichtige Qualitätssicherung dar, indem darin die Arbeit fachlich reflektiert wird (vgl. Mohr 2017: 234). Damit eine solide Diskussionskultur in einem Team entstehen kann, braucht es Offenheit und Bereitschaft für neues Wissen, Kritik sowie Reflexion (vgl. Praxisgruppe 2023). Zudem sind Gefässe notwendig, um über die Haltung und die Werte des Teams zu diskutieren (vgl. ebd.). Die Praxisgruppe beschreibt die Dynamik in Konflikt- und Diskussionssituationen damit, dass sie mit den Kindern und Jugendlichen oft in der Konfrontation stehen und daher das Harmoniebedürfnis in den Teams meist hoch ist. Dies kann die Feedback- sowie Diskussionskultur einschränken, weil der Konformitätsdruck es erschwert, dass Teammitglieder ihren eigenen Standpunkt im Team vertreten können, falls dieser Konfliktpotential aufweist. Gleichwohl ist die offene Diskussionskultur in sozialpädagogischen Teams besonders wichtig, um die Fachlichkeit der Arbeit zu wahren. Auch wird beim Bearbeiten von Konflikten das gegenseitige Vertrauen im Team wieder gestärkt (vgl. ebd.). Daher braucht es einen konstruktiven Umgang mit Fehlern und die Möglichkeit, auch heikle Punkte besprechen zu können, ohne dass negative Konsequenzen drohen (vgl. von Spiegel 2021: 78f.). Die Entscheidungsfindung soll kollegial sein (vgl. Mohr 2017: 233).

Teamkultur stärken

Die Teamkultur entscheidet massgeblich darüber, ob ein Team als Ressource wahrgenommen wird. Daher ist dies ein Prozess, der fokussiert verfolgt werden sollte. Die Praxisgruppe hebt hervor, dass es den regelmässigen Austausch mit dem Team braucht (vgl. Praxisgruppe 2023). Zudem sollen Teamanlässe von der Organisation finanziert und gemeinsame Erlebnisse im Team gefördert werden (vgl. CURAVIVA 2013: 17).

Teamreflexion

  • Können Tabus angesprochen werden? (vgl. Ludewig 2017: 134)
  • Haben wir ein Wir-Gefühl? (vgl. Winkens 2020: 74)
  • Inwiefern fördern die formellen Regeln im Team die Teamkultur?
  • Welche Unwerte können wir für unser Team definieren?
  • Wie können wir für die Teamkultur förderliche Handlungsweisen aktiv trainieren? (z.B. bewusst Feedbackgeben üben).
  • Welche sichtbaren Handlungen / Hintergrundkonzepte (z.B. Leitbilder) haben wir?
  • Welche unsichtbaren impliziten Grundannahmen sind vorhanden?
  • Inwiefern lassen wir Disharmonie zu und können Meinungsverschiedenheiten aushalten, ohne dass Teammitglieder anders handeln, um dazu zu gehören? (Konformitätsdruck)
  • Wie gehen Teammitglieder damit um, wenn ihre eigene Meinung von der des restlichen Teams abweicht?
  • Wie werden Normen im Team gesetzt? (autoritär vs. diskursiv) Wie können Autoritarismen aufgelöst werden? (vgl. Harramach/Köttritsch/Veličković 2019: 105–107)
  • Werden Mitarbeitende durch ihr Team in ihrer Sicherheit, Selbstreflexion und emotionaler Stabilisierung unterstützt?

Organisationsreflexion der Leitungen

  • Welche Ressourcen stellt die Organisation den Teams konkret zur Verfügung (Zeit für Austausch, Budget für Teamtage, wohngruppenübergreifende Events etc.)?
  • Wer entscheidend über die Einstellung von neuen Mitarbeitenden?
  • Gibt es Teamtage und Teambuilding-Aktivitäten? Falls ja, werden diese als Resilienzförderung gestaltet und wahrgenommen? (vgl. Schmid et al. 2013: 99)

Es kann zwischen Sofortmassnahmen, die heute eingeführt werden sowie langfristigen Massnahmen, die über längere Zeit implementiert werden unterschieden werden.

  • Das Team erarbeitet konkrete Lernfelder und übt sich in den Teamkompetenzen (z.B. Feedbacksequenzen)
  • Das Team überprüft Diskussionsgefässe und schafft diese, falls sie noch nicht vorhanden sind.
  • Es werden Teamsupervisionen durchgeführt
  • Die Stimmen im Team, die eher zurückhaltend sind, werden bewusst eingeholt.
  • Das Team führt eine Teamreflexion über die Zusammenarbeit und die Entscheidungsprozesse durch.
  • Es werden regelmässige Teamanlässe durchgeführt.
  • Es werden Gefässe geschaffen, in denen die Teamthemen regelmässig diskutiert werden.

Teamkultur aktiv gestalten